Verfasst von: Hao | 30. Oktober 2011

Wenn der fünfte Evangelist predigt


Sonntag, 30. Oktober 2011

So mache dich auf und predige ihnen alles, was ich dir gebiete. Jeremia 1,17

Paulus schreibt: Dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun. 1.Korinther 9,16

Es gibt Menschen, die sind zwanghaft. Sie müssen immer wieder das gleiche tun. Diese Dinge können unter Umständen andere Menschen verrückt machen. Ich gehöre an einigen Punkten auch dazu, nur mit dem Unterschied, dass ich damit andere nicht belaste, weil sie unauffällig sind. Wenn ich meine Runde durch Dödl drehe, läuft diese  nach dem gleichen Strickmuster ab. Ich habe meinen festen Sitzplatz in der Gemeinde, fange meine Predigten auch stets mit einem bestimmten Kanzelgruß an. Das war schon immer so, dass wird sich auch bis zu meiner letzten Predigt, die ich in meinem Leben halten werde, nicht ändern.

Meinen ersten „Zwang“ erlebte ich in den 50ger Jahren, als ich Oma Bahn in Hückeswagen besuchte. Ich kenne sie nur unter dieser Bezeichnung, denn meine Eltern und ich sind immer mit der Eisenbahn zu ihr gefahren. Nach dem Aussteigen mussten wir an einem langen Bahndamm vorbei. Das Geländer bestand aus Rohren. Eine Schelle hatte sich gelöst. Die Schrauben waren fest gerostet, aber die Schelle konnte über das Rohr bewegt werden. Und so nahm ich immer die Schelle und schob sie bis zum Ende des Rohres quietschend hin und her. Als dann das Geländer nach Jahren erneuert wurde, war die Schelle nicht mehr da, ich konnte sie nicht mehr verschieben. Meine kleine Welt kam da schon ganz nett durcheinander.

Ein anderer Zwang zeigte sich bei mir auf der BAB an der Raststätte Kassel. In den siebziger Jahren musste ich dort bei meinem Wagen Öl nachfüllen. Über 25 Jahre musste ich immer wieder an der gleichen Stelle anhalten, um den Ölstand zu kontrollieren. Und wer sich gerade im Auto befand, wurde eine Panne vorgespielt.

In der Zwischenzeit haben sich die „Zwänge“ die ja letztlich keine sind, so minimiert, dass mir im Augenblick nur zwei einfallen. Das erste ist das Hochhalten meiner Nase, wenn ich bei meiner Arbeit einen Fehler finde und aus eigener Kraft beheben kann. Der andere ist, und jetzt bin ich wieder bei der Tageslosung, dass ich predigen „muss“.

In meiner Jugend hat mich eine Aussage getroffen, die mein ganzes Leben verändert hat: „Errettet sein, gibt Rettersinn“. Natürlich „muss“ ich nicht predigen, ich darf Gottes Wort verkündigen, verkündigen mit dem Mund, mit dem, was ich schreibe, und wie ich es in dieser Woche gelesen habe, auch mit meinen Digitalkameras. Es macht Freude festzustellen, dass es nicht nur Leser(rinnen) gibt, die meinen, sie müssten sich mit blumigen anonymen Mailadressen schmücken, um in meinem Blog ihren Frust abzulassen, und dabei nicht merken, dass nicht nur ihr Schreibstil, sondern auch ihre  IP-Nummer sie verrät. Aber dazu muss man erst einmal wissen, was überhaupt eine solche Nummer ist, was sie aussagt.


Nein, ich bin nichts Besseres, aber ich habe etwas Besseres: Jesus. Durch seine Freiheit, die er schenkt,
bin, kann, darf und muss ich „zwanghaft“ sein, damit „ER“ verkündigt wird. 

Ich verhalte mich „unbiblisch“, denn heute predige ich nicht. Der letzte Sonntag im Monat ist auch für mich gleichzeitig  der erste, an dem ich alle Viere von mir strecken und mich bepredigen lassen kann. Und das fängt schon am Morgen im Halbschlaf an. Der Prediger und 5. Evangelist Johannes Bach kriecht schon im Halbschlaf in mein Gehör, Gehirn und Herzgänge und erfüllt mich mit der Kantate: „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“. Muss ich ihn tragen, oder hat Gott diesen nicht weggenommen, indem er mir ein Traumergebnis meiner Nachuntersuchung gegeben hat?


Ich höre genau hin und bin für 20 Minuten im Lande der Seligen. Wie oft
hat Gott  mich mit Kantaten wie diese getröstet, aber auch erfreut?  Wie oft habe ich mich berauscht an den wunderbar punktierten Läufen der Oboe? Ich kann es nicht mehr zählen. Und wenn dann noch, wie heute von Albrecht Meier an der Oboe und Thomas Quasthof mit seinem überaus warmen Bass der Solokantate einen besonderen Glanz geben, dann gibt es nichts, was mich mehr aus dieser Welt entreißen und mir locker einen Gottesdienst ersetzten könnte. Aber so weit wird es nie kommen.

Ich bekomme, wie es im Kantatentext heißt, auch „Adlers Eigenschaft“, weil mein Joch, wie es auch aussehen mag, von mir weichen muss. Ich kann mich wie der große Vogel über all das, was mir das Leben madig und versauern will, erheben. Ich erkenne, wie sich die vielen großen und kleinen „Möchtegernprobleme“ verflüchtigen, weil durch die Bachsche Verkündigung Prioritäten gesetzt und Dimensionen und Lebensschwerpunkte gezeigt werden, die wichtig sind und ein Lebensfundament bilden, welches Bestand hat. Das ist mein Berg der Verklärung. Und das Schönste für mich: Dabei brauche ich nicht umzufallen oder in eine Jodelschule zu gehen, denn ich bin, bei allem, was passiert,  immer noch ich.

Und das Schönste: Auch der Tod hat plötzlich nichts  Dohendes mehr, sondern ist „nur noch“ des Schlafes Bruder.Welch großartige Formulierung für einen, der weiß, dass sein Leben unter Gottes Gnade steht.

Und so darf ich heute im Gottesdienst bei den Abkündigungen fröhlich von dem Röhrenergebnis berichten, so dass sich die ganze Gemeinde freut und sogar noch Beifall spendet. Als wenn ich etwas dafür könnte… Wenn dass kein toller Einstieg in die Winterzeit ist….


Eine vollmächtige Predigt der Diakonisse Bärbel Leopold von den Marburger Medien. Ich glaube, dass die Gemeinde noch nie so bei einer Predigt wie von dieser „Berliner Großschnauze“, gelacht hat. Ein toller Büchertisch mit zahlreichen Publikationen der Marburger Medien überzeugt. Ich greife zu, schließlich muss ich auch den   Traktakevorrat in meinem Handschuhfach auffüllen.

Und weil ich mal wieder kräftige Augenpflege machen muss, schließlich will ich ja Herrn Columbo am Abend beim Mörderfangen wieder helfen. Aber dazu muss ich auf Draht und ausgeschlafen sein, obwohl ich schon alle Staffeln und Sprüche auswendig kenne.


Antworten

  1. Wie geht es eigentlich Lohengrin und Elsa?

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    • Ja, die sind plötzlich weg. Einen habe ich tot auf dem Beckenrand !!! gefunden. Und der Rest war Schweigen. Jammer, Jammer….

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  2. Schade, jetzt kannst du keine Krötenschenkel essen….hihihi

    Das mit der IP Nummer habe ich auch noch nicht gewusst, aber ist ja eigentlich logisch, man muss die Datenmengen, die man hin und herschickt, auch zuordnen können.

    Ich liebe auch die Musik von J.S.Bach, sie tut echt gut. Wenn ich nicht so gut drauf bin, nehme ich meine Gitarre und singe, dann werde ich wieder froh. Gott hat die Musik für uns geschaffen, in Eph.5,19 steht:
    Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern,
    singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen.
    In diesem Sinne wünsche ich dir einen gesegneten Tag

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    • Ich bin kein Feinschmecker. hihi Und was die IP betrifft: Über sie kann man alles rausbekommen, und wenn man sich noch so einen verückten Namen ausdenkt. Dann lieber mit dem Klarnamen rumschreien.

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